Hierzu hat der Bundesgerichtshof erstmals in einem Urteil vom 18.3.2009 Stellung genommen: Die Ehefrau arbeitete als Lehrerin ca. 70 % der regulären Arbeitszeit. Der bei ihr lebende 8jährige Sohn wurde bis 16.00 Uhr im Hort betreut. War der Ehefrau eine Vollzeit-Tätigkeit zuzumuten oder durfte sie es bei der Teilzeitbeschäftigung belassen und ergänzend für sich Unterhalt fordern?
Das Gericht stellte klar, dass dies nicht mehr allein nach dem Alter des Kindes beurteilt werden kann – so wie nach alter Rechtslage. Jetzt sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles abzuwägen. Besonders auf die vorhandenen Betreuungsmöglichkeiten für das Kind kommt es an. Grundsätzlich ist der Mutter eine ganztägige Fremdbetreuung des Kindes zuzumuten. Allerdings spielen auch sonstige Gründe in der Person des Kindes, wie z. B. Krankheiten oder Entwicklungsverzögerungen und elternbezogene Gründe eine Rolle: Wie waren die Aufgaben in der Ehe verteilt? Kann der Mutter die Doppelbelastung einer vollschichtigen Arbeit neben der Kindeserziehung und –betreuung zugemutet werden?
Dies hatte die Vorinstanz nicht geprüft und musste sich daher nochmals mit der Sache befassen.
Nach den genannten Kriterien wird regelmäßig auch nach dem 3. Lebensjahr des Kindes noch ein Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils bestehen.
Das Gesetz gibt darauf keine eindeutige Antwort. Vielmehr ist eine Billigkeitsabwägung vorzunehmen. Dabei sind die Ehedauer, die Betreuung gemeinsamer Kinder, die Gestaltung der Haushaltsführung und das Bestehen ehebedingter Nachteile zu berücksichtigen.
Der Bundesgerichtshof hat erneut entschieden, dass der letzte Gesichtspunkt besondere Bedeutung hat (Urteil vom 14.10.2009 XII ZR 146/08): Liegen ehebedingte Nachteile vor, scheidet eine Befristung des Anspruchs grundsätzlich aus. Dann kommt nach einer Übergangszeit nur eine Herabsetzung in Betracht. In dem zugrunde liegenden Fall hat der BGH bei einer Ehedauer von 14 Jahren nach Ablauf von rund 5 Jahren ab Rechtskraft der Ehescheidung eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den so genannten angemessenen Bedarf gebilligt.
Das Gericht wies den Unterhaltsanspruch ab. Die Ehefrau habe gegen die eheliche Treuepflicht verstoßen. Dies habe das Scheitern der Ehe verursacht. Die sms-Korrespondenz der Ehefrau mit ihrem Geliebten sei als Beweismittel verwertbar. Nach Abwägung aller Umstände bestünde insoweit kein Geheimhaltungsinteresse der Ehefrau. Sie könne nicht einerseits ihren Ehemann betrügen und sich andererseits bei Aufdeckung ihres Verhaltens auf den Schutz ihrer Privatsphäre berufen. Auch sms und e-mails kämen als Beweismittel in Betracht.
Im Normalfall betreut ein Elternteil das minderjährige Kind, während der andere Elternteil mit dem Kind Umgang hat und Kindesunterhalt zahlt. Dieser Elternteil kann aber nur insoweit in Anspruch genommen werden, als er leistungsfähig ist. Ihm steht grundsätzlich ein Selbstbehalt in Höhe von 1.160,00 € bzw., wenn er nicht erwerbstätig ist, von 960,00 € zu (Stand 1.1.2021).
Was ist aber, wenn das Einkommen des zahlungspflichtigen Elternteils nur geringfügig den Selbstbehalt überschreitet? Die Rechtsprechung verlangt dann, dass er sich um die Sicherung des Mindestbedarfs zumindest nachhaltig bemüht. Dazu kann es nach einer entsprechenden Interessenabwägung gehören, dass auch Vermögen eingesetzt oder ein Nebenjob angenommen werden muss. Er muss aber nicht über Gebühr arbeiten und ist durch das Arbeitszeitgesetz geschützt. Bemüht sich der Unterhaltspflichtige nicht ausreichend, kann ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet werden. Vorher muss das Gericht aber genau prüfen, welches Einkommen für diesen Elternteil nach seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten auf dem jetzigen Arbeitsmarkt realistisch zu erzielen ist. Beweispflichtig bleibt allerdings der Unterhaltsschuldner.
Dies zeigt auch eine Entscheidung des OLG Hamm vom 9.11.2010: Der Vater dreier Kinder war in 2007 zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt worden. Seit 2009 bezog er eine Berufsunfähigkeitsrente. Vor dem Familiengericht machte er nun geltend, er könne wegen seiner Erkrankung nicht arbeiten und daher auch keinen Unterhalt mehr zahlen. Er legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der behandelnden Ärzte vor, zu einer weiteren Begutachtung durch einen Sachverständigen, die evtl. auch stationär hätte erfolgen müssen, war er jedoch nicht bereit. Das Gericht wies die Klage daher ab, da der Beweis der Erwerbsunfähigkeit ohne Einholung eines Gutachtens nicht geführt werden könne.
Das Gericht rechnete ihm daher einen fiktiven Verdienst zu. Als Hilfsarbeiter oder im Baubereich könne er nach dem tariflichen Mindestlohn von 9 bis 10 € ein Einkommen von 1.100 € netto erzielen. Auf dieser Grundlage wurde der unterhaltspflichtige Vater daher zur Unterhaltszahlung verurteilt.
Lange Zeit war streitig, ob Kindergartenbeiträge aus den Tabellenbeträgen der Düsseldorfer Tabelle vom betreuenden Elternteil aufzubringen sind. Der Bundesgerichtshof hat nun – in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass Kindergartenbeiträge und vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung in den Tabellenbeträgen n i c h t enthalten sind, und zwar unabhängig von der Höhe des Tabellenbetrages im Einzelfall (BGH XII ZR 65/07).
Der Besuch des Kindergartens nach Vollendung des 3. Lebensjahres ist aus pädagogischen Gründen vorteilhaft und gehört deshalb zum Kindesbedarf. Die Tabellensätze decken aber nur den Sachbedarf des Kindes ab. Die Kindergartenkosten sind daher zusätzlich zu zahlen, allerdings nicht vom unterhaltspflichtigen Elternteil allein, sondern von beiden Eltern anteilig nach ihrem Einkommen. Dabei ist bei den Eltern natürlich der Selbstbehalt (900,– € beim minderjährigen Kind) zu beachten. Bei der Festlegung des Kindesunterhaltes sollte dieser Gesichtspunkt daher berücksichtigt werden.
Sind sich die getrennt lebenden Eltern einig, dass z. B. der Vater für das gemeinsame Kind monatlich einen bestimmten Betrag zu zahlen hat, so empfiehlt es sich dennoch, diese Zahlungsverpflichtung abzusichern. Dies ist durch einen „vollstreckbaren Unterhaltstitel“, z. B. eine Unterhaltsurkunde des Jugendamtes, möglich. Auch wenn der Unterhaltspflichtige freiwillig und pünktlich zahlt, kann das Kind, vertreten durch den betreuenden Elternteil, die Vorlage einer solchen Jugendamtsurkunde verlangen. Ist der Zahlungspflichtige hierzu nicht bereit, zeigt dies, dass er sich rechtlich nicht binden will und sich insgeheim vorbehält, künftig die Zahlungen zu reduzieren oder einzustellen. Dabei genügt es nicht, wenn der Unterhaltspflichtige lediglich den konkreten Zahlbetrag titulieren lässt. Vielmehr kann das Kind bzw. sein gesetzlicher Vertreter einen so genannten dynamischen Unterhaltstitel verlangen. Hier wird der Anspruch des Kindes als Prozentsatz vom Unterhaltsbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle festgelegt. Dies hat den Vorzug, dass bei Änderungen der Düsseldorfer Tabelle automatisch der geänderte, in der Regel höhere Unterhaltsbetrag gefordert werden kann. Der Anspruch auf einen dynamisierten Unterhaltstitel kann im Streitfall gerichtlich durchgesetzt werden.
Das OLG Köln (Urteil vom 24.3.09 – AZ: 4 UF 165/08) hatte folgenden Fall zu entscheiden: Der Vater, der bis vor kurzem eine langjährige Haftstrafe verbüßt hatte, wurde auf Kindesunterhalt für seine 10jährige Tochter in Höhe des Mindestunterhaltes von 245,00 € in Anspruch genommen. Während der Haft hatte er eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht. Im Verfahren trug er vor, dass er mangels Berufserfahrung keine Chance auf dem Arbeitsmarkt habe und deshalb kein ausreichendes Einkommen erzielen könne.
Dies sah das Gericht anders und berechnete sein fiktives Einkommen wie folgt: Der Vater sei verpflichtet, sich notfalls auch auf Stellen für Aushilfskräfte und Hilfsarbeiter zu bewerben. Dabei sei ein Stundenlohn von 8,00 € erzielbar. Daraus errechne sich ein Bruttolohn von 1.386,00 €, was netto 1.015,00 € entsprechen würde. Somit liege sein erzielbares Einkommen schon um 115,00 € über dem Selbstbehalt (Damals betrug der Selbstbehalt noch 900 €). Die noch fehlenden 130,00 € (245 – 115) könne er durch Nebentätigkeiten erwirtschaften, z. B. durch Aushilfe in Getränkemärkten oder durch Verteilung von Werbematerial. – Seiner Tochter wurde der volle Unterhalt zugesprochen.
- Ein Elternteil ist wegen seines geringen Einkommens zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig. Dann geht eine „Verrechnung“ ins Leere, weil zumindest ein Elternteil nicht zahlen kann.
- Die Eltern haben eine ungerade Anzahl von Kindern auf 2 Haushalte verteilt. Dann geht das Gesetz davon aus, dass die Verhältnisse unübersichtlich sind und nicht ohne weiteres eine Verrechnungsvereinbarung der Eltern angenommen werden kann. Dies gilt auch dann, wenn ein Kind bereits volljährig ist.
In einem vom Oberlandesgericht Rostock (10 UF 168/08) entschiedenen Fall verlangte der 20jährige Sohn, der sich in einer Ausbildung befand, von seinem Vater Kindesunterhalt. Dieser wollte keinen Unterhalt zahlen, weil nach Abzug der Kreditraten für sein Hausdarlehen sein Einkommen unter dem Selbstbehalt lag. Das Gericht stellte klar, dass Tilgungsraten, die das Vermögen des Unterhaltspflichtigen mehren, in der Regel nicht von dessen Einkommen abzusetzen sind. Dieser Grundsatz gelte sowohl bei Ansprüchen minderjähriger als auch volljähriger Kinder. Außerdem sei der Unterhaltspflichtige gehalten, sich bei seiner Bank um eine zeitliche Streckung der Darlehensschuld zu bemühen. Dies setzt natürlich voraus, dass sich die Bank auf eine entsprechende Vertragsanpassung einlässt.
Der Kindesunterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Berufsausbildung. Das Kind soll damit in die Lage versetzt werden, künftig seinen Unterhalt selbst sicherzustellen. Wenn das Kind eine angemessene Berufsausbildung erreicht hat, schulden die Eltern keine Zweitausbildung mehr. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 2.2.2010 sind Studiengänge, in denen ein Bachelor- und Masterabschluss möglich ist, als einheitliche Ausbildung anzusehen, wenn das Kind mit dem Bachelor-Abschluss automatisch die Zulassung für den Master-Studiengang erfüllt. Die Universitäten seien bei der Einführung gestufter Studiengänge davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Bachelor-Absolventen in einem Masterprogramm weiterstudieren würden. Damit sei der Bachelor-Studiengang regelmäßig als Vorstufe für ein Folgestudium anzusehen. Zwar sei auch mit dem Bachelor-Abschluss der Einstieg in das Berufsleben möglich. Um sich von konkurrierenden Bewerbern mit einer praktischen Ausbildung abzusetzen, sei aber oftmals die Fortsetzung des Studiums sinnvoll und erforderlich.
In einer Entscheidung des OLG Naumburg vom 12.1.2010 (8 WF 274/09) hatte die Tochter ihr Studium der Wirtschaftsmathematik nach 2 Semestern abgebrochen und sich dann 10 Monate lang um einen Ausbildungsplatz bei Steuerberatern und in der Finanzdienstleistungsbranche bemüht. Dann fand sie schließlich einen Ausbildungsplatz. Nach der Auffassung des Gerichts konnte die Tochter auch für diese 10 Monate von ihren Eltern Unterhalt verlangen. Sie habe ihre eigenen Pflichten nicht verletzt, da sie sich immer wieder um einen Ausbildungsplatz in dem von ihr ins Auge gefassten Bereich bemüht. Daher seien die Eltern auch für die Bewerbungszeit unterhaltspflichtig.
Entgegen einer verbreiteten Vorstellung gibt es hier keine feste Altersgrenze. Die Eltern schulden dem Kind grundsätzlich eine begabungsgerechte Berufsausbildung. Danach ist Schluß. Manchmal ist aber zweifelhaft, ob nicht mehrere Ausbildungsabschnitte zusammen eine Ausbildung darstellen. Hiermit befasste sich das Brandenburgische Oberlandesgericht in einer Entscheidung vom 17.6..2009:
Die volljährige Tochter hatte Restaurantfachfrau gelernt. Jetzt wollte sie noch das Fachabitur machen, um danach Hotelmanagement zu studieren. Deshalb verlangte sie weiter Unterhaltszahlungen von ihren Eltern.
Das Gericht lehnte dies ab. Wer nach der Realschule eine Lehre mache, habe damit eine abgeschlossene Berufsausbildung. Wenn das Kind weitere Ausbildungsstufen anstrebe, müsse dies den Eltern von Anfang an mitgeteilt werden. Sonst sei dies keine einheitliche Ausbildung mehr. Die Eltern müssen sich in ihrer eigenen Lebensplanung darauf einstellen können, wie lange sie die Unterhaltslast zu tragen haben. Darauf muss das Kind Rücksicht nehmen.
Jedes volljährige Kind sollte daher frühzeitig mit den Eltern seine beruflichen Pläne besprechen, um sich für später den Unterhaltsanspruch zu sichern.
Fazit: Die Ausbildung muss den Begabungen und Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den Neigungen des Kindes entsprechen. Die Eltern müssen keinen Ausbildungsweg finanzieren, der die persönlichen Fähigkeiten des Kindes übersteigt
Wenn die 20jährige Tochter wegen eines Numerus clausus nach dem Abitur keinen Studienplatz für Medizin bekommt, darf sie zwar zur Überbrückung der Wartezeit zunächst eine medizinisch-technische Ausbildung machen und auch in diesem Beruf arbeiten. Sie muss dann jedoch ihren Vater bzw ihre Eltern frühzeitig über diese längere Ausbildungsplanung informieren. Tut sie das nicht, kann sie keinen Unterhalt mehr verlangen, wenn sie mit 26 Jahren noch einen Studienplatz bekommt und dann mit dem Medizinstudium beginnt. Denn in diesem Alter müssen die Eltern typischerweise nicht mehr damit rechnen, dass ihre Tochter noch ein Studium aufnimmt (BGH Beschluss vom 3.5.2017 – XII ZB 415/16).
Können die unterhaltsberechtigten Studenten die Studiengebühren bei den Eltern als besonderen Bedarf anfordern?
Der sich aus den Unterhaltstabellen ergebende Unterhaltsbetrag deckt grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf des Kindes ab. Darin sind jedoch (ausnahmsweise) die Studiengebühren nicht enthalten. Hierbei handelt es sich um Mehrbedarf, der zusätzlich verlangt werden kann. So hat das OLG Koblenz (Urteil vom 23.12.2008, 11 UF 519/08) beispielsweise den unterhaltspflichtigen Vater verurteilt, zusätzlich zum Grundunterhalt die pro Semester anfallenden Studiengebühren, den Beitrag für das Studentenwerk und den Verwaltungskostenbeitrag an seine studierende Tochter zu zahlen. Da das Einkommen der Mutter zu niedrig war, musste sie sich an diesen Kosten auch nicht beteiligen.
Diese Kosten sollten daher bei der Festlegung des Unterhaltsanspruchs sofort mit berücksichtigt werden. Sie sind vom Grundsatz her von beiden Eltern anteilig zu tragen.
Die volljährige, studierende Tochter hatte sich mit ihrem Vater in einem gerichtlichen Vergleich darauf geeinigt, dass der Vater an sie Unterhalt von monatlich 700 € zahlt. Damals wohnte sie noch bei ihrer Mutter. Die Tochter nahm dann eine eigene Wohnung und verlangte von ihrem Vater, der ab diesem Zeitpunkt das staatliche Kindergeld bezog, neben dem Unterhalt auch die Auszahlung des Kindergeldes an sich. Das Gericht gab ihr Recht. Der Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes könne eigenständig neben dem weiteren Unterhaltsanspruch des Kindes geltend gemacht werden. Das staatliche Kindergeld sei dann auf den Barunterhaltsbedarf des Kindes anzurechnen. Für die Vergangenheit könne das Kindergeld aber nur ab dem Zeitpunkt verlangt werden, ab dem der Vater zur Auskehrung des Kindergeldes aufgefordert worden sei.
Die gleichen Grundsätze gelten übrigens auch bei Forderungen der Unterhaltsvorschusskasse des Jugendamtes.
Beziehen die Eltern im Alter Sozialleistungen, müssen ihre Kinder damit rechnen, vom Sozialleistungsträger in Regress genommen zu werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Kind nach seinem Einkommen zur Zahlung von Unterhalt an die Eltern in der Lage ist. Um dies zu prüfen, verlangt das Sozialamt in der Regel zunächst Auskunft über das Einkommen des Kindes. Muss dabei auch Auskunft über das Einkommen des Ehegatten erteilt werden? Die Rechtsprechung bejaht dies (Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 25.2.2016): Der Betroffene war in 2015 verstorben. Seit 2005 hatte das Sozialamt Sozialhilfe gewährt und die Kosten des Pflegeheims übernommen. Die Tochter des Betroffenen teilte mit, dass sie verheiratet sei und nur über geringe Einkünfte von 400 € monatlich verfüge. Das Einkommen ihres Ehemannes wurde nicht angegeben. Zu Unrecht. Die Leistungsfähigkeit der Tochter richte sich auch nach dem sogenannten Familienunterhalt. Es müsse geprüft werden, inwieweit der Unterhaltsbedarf der Tochter eventuell durch das Einkommen ihres Ehemannes gedeckt worden sei. Unter diesen Voraussetzungen sei sie möglicherweise ihrem verstorbenen Vater gegenüber doch unterhaltspflichtig gewesen. Daher sei der Schwiegersohn ebenfalls zur Auskunft und Vorlage von Belegen über sein Einkommen verpflichtet.
Die von ihrem Ehemann getrennt lebende Ehefrau betreute den gemeinsamen 3 ½ jährigen Sohn. Sie selbst bezog ALG II. Das Einkommen des Ehemannes lag knapp über dessen Selbstbehalt.
Nach dem Motto „Wenn Papa nicht kann, ist Opa dran“ verlangte die Mutter daraufhin von den Großeltern väterlicherseits Unterhalt für ihren Sohn.
Grundsätzlich können auch die Großeltern ihren Enkeln gegenüber unterhaltspflichtig sein, da sie zu den Verwandten gerader Linie gehören. Sie haften aber im Verhältnis zu den Eltern nur nachrangig. Es muss also zunächst feststehen, dass die Eltern nicht leistungsfähig sind.
Nach Auffassung des Gerichts konnte sich die Mutter in dem geschilderten Fall nicht einfach darauf berufen, dass sie Hartz-IV-Empfängerin war. Vielmehr sei sie verpflichtet, neben der Kindesbetreuung einer Arbeit nachzugehen, um für sich und ihr Kind den Lebensunterhalt zu verdienen. Das Kind könne notfalls ganztägig im Kindergarten untergebracht werden.
Nur wenn der Mutter z. B. aus Gründen des Kindeswohls eine derartige Vollzeit-Beschäftigung nicht zumutbar sei, käme die Großelternhaftung in Betracht.