Unterhalt

Die zum 1.1.2008 in Kraft getretene Reform des Unterhaltsrechts hat auch zu einschneidenden Änderungen beim Ehegattenunterhalt geführt. Das neue Gesetz ist allerdings ebenso auslegungsbedürftig wie das alte. Verlangt beispielsweise die Ehefrau von ihrem Mann Ehegattenunterhalt, weil sie wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder nicht voll arbeiten kann, so ist nicht eindeutig geregelt, wie lange sie diesen Anspruch hat, wenn das Kind das 3. Lebensjahr vollendet hat.

Hierzu hat der Bundesgerichtshof erstmals in einem Urteil vom 18.3.2009 Stellung genommen: Die Ehefrau arbeitete als Lehrerin ca. 70 % der regulären Arbeitszeit. Der bei ihr lebende 8jährige Sohn wurde bis 16.00 Uhr im Hort betreut. War der Ehefrau eine Vollzeit-Tätigkeit zuzumuten oder durfte sie es bei der Teilzeitbeschäftigung belassen und ergänzend für sich Unterhalt fordern?
Das Gericht stellte klar, dass dies nicht mehr allein nach dem Alter des Kindes beurteilt werden kann – so wie nach alter Rechtslage. Jetzt sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles abzuwägen. Besonders auf die vorhandenen Betreuungsmöglichkeiten für das Kind kommt es an. Grundsätzlich ist der Mutter eine ganztägige Fremdbetreuung des Kindes zuzumuten. Allerdings spielen auch sonstige Gründe in der Person des Kindes, wie z. B. Krankheiten oder Entwicklungsverzögerungen und elternbezogene Gründe eine Rolle: Wie waren die Aufgaben in der Ehe verteilt? Kann der Mutter die Doppelbelastung einer vollschichtigen Arbeit neben der Kindeserziehung und –betreuung zugemutet werden?
Dies hatte die Vorinstanz nicht geprüft und musste sich daher nochmals mit der Sache befassen.
Nach den genannten Kriterien wird regelmäßig auch nach dem 3. Lebensjahr des Kindes noch ein Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils bestehen.

Nach der Trennung der Eltern ist der Kindesunterhalt ein Punkt, der vorrangig zu regeln ist.
Im Normalfall betreut ein Elternteil das minderjährige Kind, während der andere Elternteil mit dem Kind Umgang hat und Kindesunterhalt zahlt. Dieser Elternteil kann aber nur insoweit in Anspruch genommen werden, als er leistungsfähig ist. Ihm steht grundsätzlich ein Selbstbehalt in Höhe von 1.160,00 € bzw., wenn er nicht erwerbstätig ist, von 960,00 € zu (Stand 1.1.2021).
Was ist aber, wenn das Einkommen des zahlungspflichtigen Elternteils nur geringfügig den Selbstbehalt überschreitet? Die Rechtsprechung verlangt dann, dass er sich um die Sicherung des Mindestbedarfs zumindest nachhaltig bemüht. Dazu kann es nach einer entsprechenden Interessenabwägung gehören, dass auch Vermögen eingesetzt oder ein Nebenjob angenommen werden muss. Er muss aber nicht über Gebühr arbeiten und ist durch das Arbeitszeitgesetz geschützt. Bemüht sich der Unterhaltspflichtige nicht ausreichend, kann ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet werden. Vorher muss das Gericht aber genau prüfen, welches Einkommen für diesen Elternteil nach seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten auf dem jetzigen Arbeitsmarkt realistisch zu erzielen ist. Beweispflichtig bleibt allerdings der Unterhaltsschuldner.

Bei der Berechnung von Unerhaltsansprüchen stellt sich immer wieder die Frage, wie Schulden des unterhaltspflichtigen Elternteils zu berücksichtigen sind.
In einem vom Oberlandesgericht Rostock (10 UF 168/08) entschiedenen Fall verlangte der 20jährige Sohn, der sich in einer Ausbildung befand, von seinem Vater Kindesunterhalt. Dieser wollte keinen Unterhalt zahlen, weil nach Abzug der Kreditraten für sein Hausdarlehen sein Einkommen unter dem Selbstbehalt lag. Das Gericht stellte klar, dass Tilgungsraten, die das Vermögen des Unterhaltspflichtigen mehren, in der Regel nicht von dessen Einkommen abzusetzen sind. Dieser Grundsatz gelte sowohl bei Ansprüchen minderjähriger als auch volljähriger Kinder. Außerdem sei der Unterhaltspflichtige gehalten, sich bei seiner Bank um eine zeitliche Streckung der Darlehensschuld zu bemühen.  Dies setzt natürlich voraus, dass sich die Bank auf eine entsprechende Vertragsanpassung einlässt.

Vermehrt stellt sich in letzter Zeit die Frage, wann Kinder ihren Eltern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet sind. Ein entsprechender Fall lag  einer Entscheidung des OLG Oldenburg vom 14.1.2010 zugrunde: Die 1915 geborene Mutter lebte seit 2005 in einem Seniorenheim. Ihre Renteneinkünfte von 800 € reichten nicht aus, um die monatlichen Heimkosten abzudecken. Das Sozialamt zahlte daher 700 € monatlich dazu und verlangte von der Tochter Kostenersatz. Die Tochter verfügte zusammen mit ihrem Ehemann über Einkünfte von monatlich über 3.000 € und wurde durch das Amtsgericht zur Zahlung verurteilt Sie legte gegen dieses Urteil Berufung ein mit der Begründung, dass sie erhebliche Pflegeleistungen für ihre Mutter in dem Heim für betreutes Wohnen erbringe. Das Oberlandesgericht gab ihr Recht und führte aus: Betreut ein Kind seinen pflegebedürftigen Elternteil, kann es seine Unterhaltspflicht auch dadurch erfüllen. Daneben besteht kein Anspruch mehr auf eine Geldrente. Ein Zahlungsanspruch des Sozialamtes besteht dann nicht.

Das Oberlandesgericht Jena hatte sich mit der Frage zu befassen, ob auch die Großeltern ihren Enkeln Unterhalt zahlen müssen.
Die von ihrem Ehemann getrennt lebende Ehefrau betreute den gemeinsamen 3 ½ jährigen Sohn. Sie selbst bezog ALG II. Das Einkommen des Ehemannes lag knapp über dessen Selbstbehalt.
Nach dem Motto „Wenn Papa nicht kann, ist Opa dran“ verlangte die Mutter daraufhin von den Großeltern väterlicherseits Unterhalt für ihren Sohn.

Grundsätzlich können auch die Großeltern ihren Enkeln gegenüber unterhaltspflichtig sein, da sie zu den Verwandten gerader Linie gehören. Sie haften aber im Verhältnis zu den Eltern nur nachrangig. Es muss also zunächst feststehen, dass die Eltern nicht leistungsfähig sind.
Nach Auffassung des Gerichts konnte sich die Mutter in dem geschilderten Fall nicht einfach darauf berufen, dass sie Hartz-IV-Empfängerin war. Vielmehr sei sie verpflichtet, neben der Kindesbetreuung einer Arbeit nachzugehen, um für sich und ihr Kind den Lebensunterhalt zu verdienen. Das Kind könne notfalls ganztägig im Kindergarten untergebracht werden.
Nur wenn der Mutter z. B. aus Gründen des Kindeswohls eine derartige Vollzeit-Beschäftigung nicht zumutbar sei, käme die Großelternhaftung in Betracht.