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Nur etwa 29 % der Deutschen errichten ein Testament. Noch schlimmer ist, dass die meisten dieser letztwilligen Verfügungen unklar, widersprüchlich, unvernünftig oder sogar unwirksam sind. Der Grund: Die Materie wird unterschätzt und auf qualifizierte Beratung verzichtet.
Wer der Auffassung ist: „Was nach meinem Tod passiert, ist mir egal“, handelt konsequent, wenn er kein Testament errichtet. Er übersieht aber, dass eine solche Sorglosigkeit der eigenen Familie Schaden zufügt. Wer keine durchdachte letztwillige Verfügung errichtet, verschafft seinen Hinterbliebenen Streitpotential, Vermögensverlust, vermeidbare Erbschaftsteuerlasten und häufig auch Ungerechtigkeit - ein Unglück also.

Jedes Testament hat seine eigene Architektur. Es ist natürlich ein Unterschied, ob das Testament für eine „Patchwork-Familie“ erstellt wird oder ein Unternehmertestament zu errichten ist.

Bei der Gestaltung kommt es auf sehr persönliche Dinge an, z. B.  auf das Alter, den Beruf oder den Gesundheitszustand der Beteiligten, auf die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, die Beziehungen innerhalb der Geschwisterreihe oder auch das Verhältnis zum Schwiegerkind. Weiter sind Art, Umfang und Struktur des Vermögens von Bedeutung. In den meisten Fällen sind Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen oder Überlegungen zur Erbschaftsteuer anzustellen.

Das Arsenal der erbrechtlichen Gestaltungsmittel ist nahezu unerschöpflich. Es gibt für jeden eine optimale Lösung.
Es gibt gute Gründe, das nicht zu tun.

Durch eine solche „Offenbarung“ stiftet man oftmals nur Unruhe, Unzufriedenheit und Begehrlichkeiten. Die Erbauseinandersetzung wird vorweggenommen, obwohl der Erbfall noch gar nicht eingetreten ist.
Es ist auch schon vorgekommen, dass „vertrauliche“ Gespräche über die spätere Verteilung des Nachlasses bei den künftigen Erben eine Art von Ungeduld erzeugt haben.
Schließlich begibt man sich eines Stücks seiner Freiheit: Vielleicht möchte man ja später einmal aus guten Gründen, z. B. wegen veränderter Sachlage, einiges anders regeln. Dann verursacht man Enttäuschungen, wenn vorher durch Offenlegung des Testamentes Hoffnungen geweckt wurden.

Ein Testament sollte daher grundsätzlich geheim bleiben. Ausnahmen gibt es natürlich, z. B. muss bei einer Unternehmensnachfolge die nachfolgende Generation rechtzeitig in die Thematik einbezogen werden.
1. Unabdingbares Formerfordernis für ein eigenhändiges Testament ist, dass der Erblasser den gesamten Wortlaut eigenhändig schreibt und den Text unterschreibt (§ 2247 BGB).

2. Ein mit Schreibmaschine oder Computer geschriebenes Testament ist ungültig.

3. Ort und Zeitpunkt müssen zwar nicht angegeben werden. Diese Angaben sollten aber stets aufgenommen werden. Denn dadurch
kann bei einer späteren Abänderung des Testamentes der letzte vom vorletzten Willen unterschieden werden.

4. Zum Nachweis der Urheberschaft sollte das Testament mit Vor- und Zunamen unterschrieben werden, auch wenn grundsätzlich der
oder die Familienstellung, wie z. B. "Euer Vater" genügt.

5. Die Unterschrift muss am Ende des Textes stehen, um diesen räumlich ganz abzudecken.

6. Mehrseitige Testamente sollten auf jeder Seite paraphiert werden. Werden Nachträge eingefügt, sollten diese immer gesondert   
unterzeichnet werden.

7. Streichungen sollten vermieden werden, weil sie den Beweiswert des Testamentes mindern und Streit über den Urheber der
Streichung auslösen können. Der Erblasser sollte jede Änderung stets in einem neuen formgerechten Testament vornehmen und
die Abweichung vom Grundtestament deutlich machen, um spätere Auslegungsprobleme zu vermeiden.

8. Testamente, die der Erblasser ergänzen möchte, sollte er besser durch ein neu verfasstes Testament ersetzen und das alte Testament
vernichten, um spätere Spekulationen über das Motiv der Änderung und sich hieraus eventuell ergebende Streitigkeiten zu vermeiden.

9. Der Testator kann das Testament verwahren, wo er will. Zu empfehlen ist die Hinterlegung des Testamentes beim Amtsgericht
(§§ 2248, 2259 BGB). Damit wird gewährleistet, dass das Testament nicht verloren geht, verfälscht oder unterdrückt wird.
Zudem stellt die amtliche Verwahrung sicher, dass das Testament nach dem Tod des Erblassers auch eröffnet wird.
Nicht immer hat der Erblasser die Zeit und Ruhe, sein Testament zu Hause zu errichten. Gerade in Gefahrensituationen kann das Bedürfnis bestehen, ein Testament abzufassen. Für solche Fälle sieht das Gesetz verschiedene Arten von Not-Testamenten vor. So kann z. B. ein Testament vor 3 Zeugen errichten, wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass die Errichtung eines Testamentes vor einem Notar nicht mehr möglich ist. Das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 14.7.09) hat jedoch deutlich gemacht, das an die Wirksamkeit eines solchen Testamentes strenge Anforderungen zu stellen sind: Die Erblasserin befand sich wegen einer schweren Krebserkrankung im Krankenhaus, nach einem Sturz konnte sie die rechte Hand nicht mehr gebrauchen. In Gegenwart von 3 Zeuginnen erklärte sie ihren letzten Willen, der von einer Zeugin niedergeschrieben und von der Erblasserin unterschrieben wurde. 14 Tage später verstarb die Erblasserin.
Das Gericht hielt das Testament für unwirksam. Die Erblasserin hätte die Möglichkeit gehabt, entweder am gleichen oder am Folgetag das Testament vor einem Notar beurkunden zu lassen. Nach den konkreten Umständen sei nicht zu befürchten gewesen, dass die Erblasserin noch vor dem Eintreffen eines Notars sterben würde.
Ein Testament muss grundsätzlich handschriftlich verfasst und unterschrieben werden. In einem Fall des Oberlandesgerichts Schleswig (Beschluss vom 29.5.2009) hatte die Erblasserin etwa 10 Jahre vor ihrem Tode einem ihrer Brüder einen Brief geschrieben. Dieser Brief enthielt folgenden Passus: „…wenn mein Lebenslauf besiegelt ist, erbst Du mein Geld…“. Bei ihrem Tode wurde festgestellt, dass ihr Nachlass aus Bankguthaben in Höhe von ca. 60.000,00 € bestand. Der Bruder sah sich als Alleinerbe an. -  Das Gericht gab ihm Recht:
Die Errichtung eines eigenhändigen Testamentes ist auch in Briefform möglich. Zu prüfen ist aber, ob der Erblasser bei Abfassung des Briefes einen Testierwillen hatte oder sich nur unverbindlich über seine Testierabsichten geäußert hat. Entscheidend ist, dass der Erblasser den Willen hatte, testamentarische Anordnungen zu treffen. Dafür genügt es, dass sich der Erblasser bewusst gewesen ist, dass der Brief als Testament angesehen werden kann.
Im vorliegenden Fall hatte sich die Erblasserin in dem Brief auch Gedanken über ihren eigenen Tod gemacht. Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin hier verbindliche testamentarische Regelungen treffen wollte.
Bei der Abfassung eines handschriftlichen Testamentes ist lediglich vorgeschrieben, dass der Erblasser sein Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt. Fehlen Orts- und Zeitangabe, wird das Testament nicht ungültig. Es können allerdings Schwierigkeiten bei der Datierung auftreten. Dies ist dann wichtig, wenn mehrere Testamente gefunden werden, weil nur das letzte Testament gültig ist. Hierzu eine Entscheidung des OLG München vom 28.7.02009: Es wurden 2 handschriftliche Testamente des Erblasser aufgefunden. Nach einem Testament sollte die Ehefrau Alleinerbin sein. Hier wurden Ort und Datum „München, 20.10.1997“ in der ersten Zeile ersichtlich mit einem anderen Kugelschreiber eingefügt. Das andere Testament datierte vom 3.10.1989 und bestimmte den Bruder des Erblassers zum Alleinerben. Der Erblasser hatte 1985 geheiratet und seit 1989 keinen Kontakt mehr zu seiner Ehefrau gehabt. Der Bruder und die Witwe stritten darum, wer von ihnen Erbe geworden war. Der Gerichts-Sachverständigte stellte fest, dass die Datumsangabe von 1997 mit hoher Wahrscheinlichkeit von dem Erblasser stammte. Zwar blieb unklar, wann er das Datum eingetragen hatte. Da das Datum aber von dem Erblasser herrührte, sei dessen Richtigkeit zu vermuten. Diese Vermutung werde auch nicht dadurch widerlegt, dass der Erblasser zuletzt keinen Kontakt mehr zu seiner Ehefrau hatte. Erbin war daher die Ehefrau.
Wie wichtig eindeutige Formulierungen in einem Testament sind, zeigt eine Entscheidung des OLG München vom 28.6.2010: Der verwitwete Erblasser war mit 97 Jahren verstorben. Er hinterließ einen Sohn und mehrere Neffen und Nichten. Zum Nachlass gehörten ein Sparguthaben mit 50.000 €, ein Girokonto mit 7.500 € und ein Grundstück im Wert von ca. 300.000 €. In einem Testament hatte der Verstorbene angeordnet: „Mein Vermögen vererbe ich wie folgt: Mein Sohn und meine 4 Neffen sollen von meinem Sparbuch je 10.000 € erhalten, meine beiden Nichten erhalten das Girokonto und was noch übrig ist“.
Die Nichten waren der Meinung, dass der letzte Halbsatz “und was  noch übrig ist“ sich auf das Grundstück beziehe, so dass ihnen der Hauptnachlassgegenstand zugewendet worden sei.
Das Gericht sah dies anders: Die Auslegung des Testamentes ergäbe, dass der Erblasser mit „Vermögen“ nur sein Geldvermögen gemeint habe. Mit den Worten „und was noch übrig ist“ habe er eventuell noch auf dem Girokonto eingehende kleinere Geldbeträge gemeint. Hinsichtlich des Grundstücks enthalte das Testament keine Regelung, so dass insoweit die gesetzliche Erbfolge eingreife. Das Grundstück stehe daher dem einzigen Sohn zu.
Testamente können unwirksam sein, z. B. weil der Erblasser testierunfähig war. Viele Testamente lassen auch unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten zu. Außerdem können - handschriftliche und notarielle - Testamente unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden. Dabei sind Fristen zu beachten.

Wir beraten Sie unter Berücksichtigung der medizinischen und rechtlichen Aspekte und begleiten Sie bei den eventuell notwendigen gerichtlichen Auseinandersetzungen.
In manchen Fällen sollen bestimmte Personen nach dem Willen des Erblassers auf keinen Fall in den Genuss der Erbschaft gelangen. In der Regel sind dies das Schwiegerkind, der geschiedene Ehegatte und der neue Ehegatten des vorverstorbenen Ehepartners.

Fall 1: Stirbt der verheiratete Sohn, nachdem er seinen Vater beerbt hat, erwirbt die Schwiegertochter auf diesem Weg zumindest Teile des  schwiegerväterlichen Vermögens, und sei es in Form des Pflichtteils.

Fall 2: Beerbt eine Tochter ihre geschiedene Mutter und stirbt dann selbst ohne Kinder, geht das mütterliche Vermögen auf dem Umweg über die Tochter an deren Vater, also den geschiedenen Ehemann der Mutter.

Fall 3: Beerbt eine Ehefrau ihren Ehemann und stirbt dann nach Wiederverheiratung, kommt der 2. Ehemann in den Genuss des Vermögens  seines Vorgängers.

Es gibt ausreichende rechtliche Gestaltungsmittel, um diese unliebsamen Konsequenzen zu vermeiden.

Bei der Testamentsgestaltung ist der persönliche und familiäre Hintergrund des Betroffenen zu erfassen. So werden beispielsweise Geschiedenentestamente, Behindertentestamente, Testamente für Patchwork-Familien, Testamente bei verschuldeten  Kindern oder Unternehmertestamente unterschieden. Bei älteren Menschen muss deren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen werden. Dies können der drohende Verlust der Geschäftsfähigkeit, Vorstellungen über eine Pflege zu Hause, Fragen der Heimunterbringung,  der Sicherung des Vermögens für den Ehegatten bzw. die nachfolgende Generation oder der Schutz vor Ansprüchen des Sozialleistungsträgers sein.
Oftmals ist auch der Wunsch vorhanden, pflegende Angehörige in besonderer Weise zu berücksichtigen oder ihnen einen Anreiz zu bieten, Pflegeleistungen zu erbringen. Auch dies kann in einem Testament geregelt werden. In Betracht kommen etwa die Aussetzung eines Vermächtnisses oder die Erbeinsetzung des Pflegenden mit einer angemessen höheren Erbquote. Auch die Anordnung von Testamentsvollstreckung ist möglich, wobei dem Testamentsvollstrecker die Aufgabe übertragen wird, den durch das Vermächtnis Begünstigten oder die Höhe des Vermächtnis je nach Pflegeaufwand zu bestimmen.
"Patchwork" heißt soviel wie "Flickwerk". Seit den 1990er Jahren wird dieser Begriff zunehmend für die Stieffamilie verwendet, also die Familie, in der mindestens ein Elternteil ein Kind aus einer früheren Beziehung eingebracht hat. Im einfachsten Fall bringt nur ein Partner/Ehegatte ein Kind oder mehrere Kinder in die neue Partnerschaft ein. Komplexer sind die Verhältnisse, wenn beide Partner Kinder aus früheren Beziehungen mitbringen und dann vielleicht noch gemeinsame Kinder haben. Nach dem Gesetz sind Stiefkinder und Stiefeltern nicht miteinander verwandt. Das gesetzliche Erbrecht nimmt auf die Besonderheiten der Patchwork-Familie keine Rücksicht. Es ist ungerecht und bevorzugt grundlos das Kind des länger lebenden Ehegatten.

Beispiel: Der Ehemann hat aus der ersten Ehe einen Sohn, die Ehefrau aus ihrer ersten Ehe eine Tochter. Stirbt der Ehemann zuerst, sind gesetzliche Erben seine Ehefrau und sein Sohn zu je ½. Nach dem Tode der Ehefrau wird deren Tochter ihre Alleinerbin. Die Tochter erbt damit das Vermögen ihrer Mutter und darüber auch die Hälfte des Vermögens des zuvor verstorbenen Stiefvaters. Dessen Sohn muss sich mit der Hälfte des Nachlasses seines Vaters begnügen, die Stieftochter erhält die andere Hälfte. - Hier würde auch ein einfaches Testament mit gegenseitiger Erbeinsetzung der Ehegatten nichts helfen, da dann jeweils das leibliche Kind noch weniger, nämlich nur den Pflichtteil, erhielte.

Die Erstellung eines Testamentes für eine Patchwork-Familie ist eine sehr individuelle und anspruchsvolle Aufgabe. Dabei sind folgende Fragen abzuklären:

-       Was ist zugunsten des Partners/Ehegatten anzuordnen? Welches Versorgungsinteresse hat er?

-       Sollen alle Kinder, die eigenen und die des Partners, gleich behandelt werden? Sollen die Stiefkinder ausgeschlossen werden?

-       Welche erbschaftsteuerlichen Auswirkungen ergeben sich?

-       Bestehen Pflichtteilsansprüche?

-       Welche Störfallvorsorge wird getroffen, wenn die Beziehung vor dem Tod eines Partners endet?

-       Wie wird verhindert, dass Vermögen an den „Ex-Ehegatten“ des Partners abwandert?

Die Antworten auf diese Fragen bestimmen die Richtung der testamentarischen Gestaltung. Die Interessen der beteiligten Personen und die Ziele der Lebenspartner bzw. Ehegatten sind dabei jeweils ins Verhältnis zu setzen und auszugleichen.


Ein Behindertentestament ist ein Testament, das Eltern im Interesse ihres behinderten Kindes errichten. Es verhindert, dass das Sozialamt in der Vergangenheit gewährte Leistungen zurückfordern kann und für die Zukunft die Sozialhilfe einstellt. Das Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 27.10.2016 – AZ: 10 U 13/16) hat erneut bestätigt, dass das Wohl eines behinderten Menschen nicht hinter dem Kosteninteresse des Sozialamtes zurückstehen muss. Dies gelte auch bei hohen Vermögenswerten. Die Eltern hatten 3 Kinder, wovon eines dauerhaft geistig behindert war. Ihr Testament hatten sie so gestaltet, dass der Erbteil des behinderten Kindes im Wert von knapp 1 Mio. € dem Zugriff des Sozialamtes entzogen wurde und daraus für das Kind Leistungen finanziert werden sollten, die von der Sozialhilfe nicht gedeckt waren, wie z. B. den Kauf von Büchern und Kleidung, die Einrichtung der Wohnung oder die Kosten der Freizeitgestaltung. Später sollte dieser Erbteil an die beiden Geschwister weitervererbt werden. Das Gericht hielt diese Regelungen nicht für sittenwidrig. Die Eltern könnten die Erbfolge frei gestalten, auf die Belange der Allgemeinheit müssten sie dabei keine Rücksicht nehmen.

Es kann durchaus sinnvoll sein, die testamentarische Erbeinsetzung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen. Bei einer solchen Regelung ist aber Vorsicht geboten, wie folgender Fall zeigt:

Der Erblasser hatte in einem Testament bestimmt: „Meine Frau und mein Sohn erhalten je 25 % meines Vermögens. Meine beiden Enkel erhalten die anderen 50 % zu gleichen Teilen, aber nur, wenn sie mich regelmäßig, d.h. mindestens 6 Mal im Jahr besuchen“. Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 5.2.2019 – 20 W 98/18) hielt diese Bedingung für sittenwidrig. Zwar müsse es nach dem Grundsatz der Testierfreiheit möglich sein, die Erbfolge frei nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit sei aber überschritten, wenn ein Verhalten erzwungen werden solle, das regelmäßig eine freie, innere Überzeugung voraussetze. Besuche der (minderjährigen) Enkel beim Großvater dürften nicht „erkauft“ werden.

Die Erbeinsetzung als solche – ohne die Bedingung - hielt das Gericht jedoch für wirksam, zum Glück für die Enkel.


1. Das gemeinschaftliche Testament kann nur von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern (§ 10 IV LPartG) errichtet werden. Es reicht, wenn einer der beiden das Testament eigenhändig schreibt und beide die Erklärung mit eigener Hand unterschreiben.

2. Die Ehegatten sollten das Schriftstück mit Ort und Datum versehen.

3. Das Ehegattentestament kann auch vor einem Notar errichtet werden.

4. Die Bindungswirkung des Ehegattentestamentes tritt erst mit dem Tod des ersten Ehegatten ein. Sie gilt nur für die im gemeinschaftlichen Testament getroffenen wechselbezüglichen Verfügungen. Das sind solche, die der eine Partner nur deshalb getroffen hat, weil auch der andere in bestimmter Weise verfügt hat (§ 2270 I BGB). Wortlaut bzw. Auslegung des Testamentes müssen ergeben, dass die Verfügungen des einen Partners von denen des anderen abhängig sind.
    
5. Häufigster Anwendungsfall für wechselbezügliche Verfügungen ist das Berliner Testament, in dem sich die Eltern gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben nach dem Längerlebenden einsetzen (§ 2269 BGB). Das gemeinschaftliche Testament kann aber auch Anordnungen enthalten, die für die Überlebenden nicht bindend sind.
    
6. Zu Lebzeiten entfaltet das Ehegattentestament noch keine Bindung. An die Änderung oder den Widerruf bestehen aber strenge Anforderungen. Ein Widerruf ist möglich durch
      •  gemeinschaftliches Widerrufstestament (§ 2254 BGB)
      •  Erbvertrag (§§ 2258, 2289 BGB)
      •  Gemeinschaftliche Rücknahme aus amtlicher Verwahrung (§§ 2256, 2272 BGB) oder
      •  Gemeinschaftliche Vernichtung der Testamentsurkunde (§ 2255 BGB)
    
7. Will einer der Ehepartner das Ehegattentestament widerrufen, muss der Widerruf in notariell beurkundeter Erklärung dem anderen zugestellt werden (§§ 2371, 2296 BGB).
    
8. Nach dem Tod des Erstversterbenden ist grundsätzlich kein Widerruf mehr möglich.
    
9. Die Bindungswirkung der wechselbezüglichen Verfügungen entfällt, wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt (§ 2271 II BGB) oder das Testament anficht (§§ 2078 ff. BGB). Für die Anfechtung bedarf es eines Grundes, wie z. B. der Wiederheirat. Daher wir das Anfechtungsrecht im Testament oft ausgeschlossen.
    
10. Die Bindung des Ehegattentestamentes hindert den Längerlebenden nicht an lebzeitigen Verfügungen. Er kann sein Vermögen verkaufen. Im Fall des Verschenkens gilt § 2287 BGB.

 
In einem Berliner Testament werden 2 Erbfälle geregelt: Der Tod des ersten und der Tod des zweiten Ehegatten. Typisch ist das Berliner Testament, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zum Alleinerben einsetzen und bestimmen, wer die Schlusserben sein sollen, wenn beide nicht mehr leben.

Hier stellt sich immer folgende Frage: Soll der überlebende Ehegatte berechtigt sein, nach dem 1. Erbfall die gemeinsame Schlusserbeneinsetzung zu ändern?

Vezichtet man auf eine solche Öffnungsklausel, steht die Schlusserbfolge fest. Beide können sicher sein, dass alles, wie gemeinsam festgelegt, bleibt. Der Überlebende kann nichts mehr ändern, dies aber auch dann nicht, wenn wesentliche neue Umstände eintreten, die eine Änderung an sich sinnvoll erscheinen lassen würden, z. B. ein Zerwürfnis mit einem drogensüchtig gewordenen Kind. Umgekehrt - wird also eine Öffnungsklausel verfügt - weiß keiner der beiden Eheleute, ob und in welcher Weise der Überlebende von seinem Änderungsrecht wohl Gebrauch machen wird.

Hier gibt es auch verschiedene Zwischenlösungen. Auf jeden Fall ist dieser Punkt sorgfältig zu bedenken.
In einem Beschluss vom 26.8.2010 (15 Wx 317/09) hat sich das Oberlandesgericht Hamm zu der Frage geäußert, ob ein gemeinschaftliches Testament geschiedener Ehegatten mit ihrer Wiederverheiratung erneut wirksam wird. Die Eheleute hatten 1970 geheiratet. 1979 errichteten sie ein Ehegattentestament, durch das sie sich gegenseitig zu Erben einsetzten. 1987 wurde die Ehe geschieden. 1994 nahmen beide ihre Beziehung wieder auf und heirateten 2009 erneut. Kurz darauf verstarb der Ehemann. Die Ehefrau sah sich nun als Alleinerbin an. – Dem widersprach jedoch das Gericht: Das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahre 1979 sei durch die Ehescheidung unwirksam geworden. Es sei nicht erkennbar, dass die Eheleute damals gewollt hätten, dass die gegenseitige Erbeinsetzung auch bei einer Scheidung fort gelten sollte. Durch eine Wiederheirat könne jedoch ein ungültiges Testament nicht wirksam werden. Die Eheleute hätten daher neu testieren müssen. Da sie dies nicht getan hatten, war die Ehefrau nach gesetzlicher Erbfolge nur Miterbin geworden – neben den Eltern des Ehemannes
Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom  20.4.2010 zeigt, wie wichtig es ist, in einem Testament klare und umfassende Regelungen zu treffen.
Die Eheleute hatten sich in einem Berliner Testament gegenseitig zu Erben eingesetzt und für den 2. Erbfall bestimmt, dass ihr jüngster Sohn der Erbe sein sollte. Nach dem Tode des Ehemannes errichtete die Ehefrau ein neues Testament und bestimmte, dass alle 8 gemeinsamen Kinder Erbe zu je 1/8 sein sollten. Als die Ehefrau starb, war der jüngste Sohn bereits verstorben. Er hinterließ eine Tochter, die Enkelin der Ehefrau. Nach welchem Testament richtete sich nun die Erbfolge? War das zweite,  abweichende Testament der Ehefrau wirksam? Das Gericht musste das Berliner Testament auslegen. Danach ergab sich zunächst, dass die Erbeinsetzung des jüngsten Sohnes für den überlebenden Ehegatten bindend sein sollte. Die Eheleute hatten aber nicht bedacht, dass der Sohn vor dem 2. Erbfall versterben könnte. Zwar ist im Zweifel gewollt, dass dann an seine Stelle seine Kinder treten. Diese Ersatz-Erbeinsetzung der Enkelin hielt das Gericht aber nicht für bindend, da hierzu in dem Berliner Testament nichts erklärt war. Maßgeblich war daher das 2. Testament. Die Enkelin war somit nur Erbin zu 1/8 geworden.
Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in einer Entscheidung vom 6.1.2011 (15 Wx  484/10) mit einer Konstellation befasst, mit der sich die Gerichte schon mehrfach beschäftigen mussten. Die Eheleute hatten sich gemeinsam in einem Testament zu Erben eingesetzt und bestimmt „Wenn wir gleichzeitig versterben sollten, soll unser Nachlass an unsere Nichte fallen“. Der Ehemann starb 2007, die Ehefrau 2009. War die Nichte jetzt Erbin geworden? Oder lief das Testament ins Leere, weil die Eheleute ja nicht „gleichzeitig“, sondern nacheinander verstorben waren?

Darüber stritten nun die Nichte und die Kinder der Verstorbenen  über 3 Instanzen.  Das Oberlandesgericht hielt den Wortlaut des Testamentes nicht für eindeutig. Vielmehr sei das Testament auslegungsbedürftig. Deshalb müsse durch Zeugen geklärt werden, was die Verstorbenen genau gemeint und gewollt hatten. Dieser aufwendige und im Ergebnis ungewisse Rechtsstreit hätte durch eine exakte Testamentsgestaltung sicherlich vermieden werden können.
Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 28.3.2011 (31 Wx 93/10) zeigt, dass man sich bei der Abfassung eines Berliner Testamentes über dessen Folgen im Klaren sein muss: Die Erblasserin war im Jahre 2009 verwitwet und kinderlos verstorben. Mit ihrem bereits 1983 verstorbenen Ehemann hatte sie ein gemeinsames Testament errichtet, in welchem sich die Eheltue gegenseitig zu Erben und die zwei Kinder des Ehemannes aus dessen 1. Ehe zu Schlusserben eingesetzt hatten. Im Jahre 2007 erbte die Erblasserin von ihrem Bruder ein erhebliches Vermögen. Jetzt wollte sie, dass dieses Vermögen nach ihrem Tod auf ihre Nichte überging. Sie setzte daher in einem neuen Testament ihre Nichte zu ihrer Alleinerbin ein. Nach ihrem Tode stritten die Kinder des Ehemannes und die Nichte der Erblasserin um die Erbfolge.

Das Gericht stellte fest, dass das letzte Testament unwirksam war, weil es gegen das bindend gewordene Berliner Testament de Eheleute aus dem Jahre 1983 verstieß. Die Kinder des Ehemannes hatten damit alles gerbt, auch das Vermögen, das die Erblasserin vor ihrem Tode von ihrem Bruder geerbt hatte. Ein unbefriedigendes Ergebnis, da man durch eine andere Testamentsgestaltung in 2007 den Wunsch der Erblasserin hätte umsetzen können.
Das gemeinsame Ehegattentestament (Berliner Testament) kann handschriftlich errichtet werden. Es muss dann von beiden Ehegatten unterschrieben werden. Was ist, wenn die Unterschrift eines Ehegatten fehlt?  Diese Frage musste das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 23.4.2014 - 31 Wx 22/14) entscheiden. Die Ehegatten hatten schriftlich festgehalten, dass sie sich gegenseitig beerben und ihre Verwandten dann Erben des Letztversterbenden sein sollten. Unterschrieben hatte aber nur der Ehemann. Das Gericht führte aus, dass ein solches Testament als Berliner Testament unwirksam sei.  Es könne jedoch möglicherweise in ein wirksames Einzeltestament des Ehemannes umgedeutet werden. Dafür sei entscheidend, ob der Ehemann die Erbeinsetzung seiner Frau unabhängig von seiner eigenen Erbeinsetzung gewollt habe. Dies ist eine Frage der Testamentsauslegung, die sich am konkreten Einzelfall orientieren muss. Sie wurde im Fall des OLG München verneint.