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Informationen

Nach dem deutschen Erbrecht fällt die Erbschaft dem Erben automatisch an. Zum Ausgleich hat er das Recht, die Erbschaft auszuschlagen. Die Frist hierfür beträgt 6 Wochen ab Kenntnis vom Erbfall und der Erbeinsetzung. Wenn der Erblasser zuletzt im Ausland gelebt hat oder der Erbe bei Fristbeginn im Ausland war, steht ihm eine Ausschlagungsfrist von 6 Monaten zu.
In manchen Fällen ist es wirtschaftlich sinnvoll, auch eine werthaltige Erbschaft auszuschlagen. Dies kann zunächst für den als Erben eingesetzten Ehegatten gelten: Befindet sich ein großer Zugewinn im Nachlass, hat der Ehegatte bei Ausschlagung der Erbschaft einen Anspruch auf Zugewinnausgleich und auf den Pflichtteil. Beides zusammen kann höherwertiger sein als die Erbschaft. In einem solchen Fall kann sich also die Ausschlagung wirtschaftlich lohnen.
Auch bei einem pflichtteilsberechtigten Kind des Verstorbenen kann sich diese Frage stellen: Wurde das Kind z. B. mit einem Vermächtnis bedacht, an welchem das Kind kein Interesse hat, sollte überlegt werden, ob das Vermächtnis ausgeschlagen und stattdessen der Pflichtteil geltend gemacht wird. Wegen der weitreichenden Folgen der Erbausschlagung sollte sich der Betreffende vorher unbedingt beraten lassen.
Ein Fall des Amtsgerichts Bremen vom 9.7.09 (5 C 21/09) betraf die immer wieder brisante Frage der Erstattung von Beerdigungskosten unter Miterben. Die verwitwete Mutter war in 2009 ohne nennenswerten Nachlass verstorben. Sie hinterließ 3 Kinder. Die beiden Töchter schlugen die Erbschaft unverzüglich aus. Der Sohn veranlasste die Beerdigung und verlangte dann von seinen Geschwistern die Erstattung von 2/3 der aufgewendeten Beerdigungskosten. Das Gericht wies die Klage jedoch ab. Beerdigungskosten hat grundsätzlich der Erbe zu tragen. Da der Sohn die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte, war er als Erbe übrig geblieben.
Der Fall zeigt, wie wichtig die Beachtung der Ausschlagungsfrist sein kann: Sie beträgt in der Regel 6 Wochen und  beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe vom Anfall der Erbschaft und dem Grunde seiner Berufung zum Erben Kenntnis erlangt. Bei gesetzlicher Erbfolge liegt diese Kenntnis dann vor, wenn der Erbe von dem Todesfall erfährt und ihm die Familienverhältnisse bekannt sind. Er darf also nicht erst die Benachrichtigung durch das Nachlassgericht abwarten. Die Ausschlagungserklärung kann vor dem Nachlassgericht am Wohnsitz des Erklärenden abgegeben werden.
Wenn Kinder jahrelang keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern hatten, ist es möglich, dass sie die Erbschaft auch noch lange Zeit nach dem Tode eines Elternteils ausschlagen können. Die Frist zur Ausschlagung beträgt 6 Wochen. Sie beginnt zu laufen, wenn der Erbe (1.) vom Erbfall erfährt und (2.) weiß, aus welchem (rechtlichen) Grund er Erbe geworden ist. Er muss also wissen, ob er aufgrund eines Testamentes oder aufgrund gesetzlicher Erbfolge zum Erben berufen wurde.

In einer Entscheidung des OLG Schleswig (Beschluss vom 20.6.2016 – 3 Wx 96/15) hatten die Kinder zwar vom Tode ihres Vaters erfahren, wussten aber nicht, ob er ein Testament hinterlassen hatte oder nicht. Wegen der abgerissenen Familienbande nahmen sie an, durch ein Testament enterbt worden zu sein. 6 Monate später erfuhren sie vom Amtsgericht, dass es kein Testament gab. Damit hatten sie erst jetzt die Kenntnis vom Berufungsgrund der gesetzlichen Erbfolge erlangt. Erst jetzt begann folglich die Ausschlagungsfrist zu laufen, so dass die Kinder die Erbschaft noch ablehnen konnten.

Die Erbschaft fällt dem Erben von selbst an. Er muss dafür nichts tun. Auch die Erklärung der Annahme der Erbschaft ist nicht erforderlich. Wer nicht Erbe werden will, kann die Erbschaft gegenüber dem Nachlassgericht jedoch ausschlagen. Die Frist für die Abgabe der Ausschlagungserklärung ist relativ kurz. Sie beträgt nur 6 Wochen und beginnt im Prinzip zu laufen, wenn man vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung als Erbe erfährt. Was aber, wenn diese Frist abgelaufen ist – ist dann wirklich alles zu spät? Hierzu ein Beispiel: A hat seine Tante beerbt. Auf dem Nachlasskonto sind 10.000 €. Nach 3 Monaten erfährt A, dass die Verstorbene noch eine offene Darlehensschuld von 20.000 € hatte, der Nachlass mithin überschuldet ist. - In diesem Fall hilft das Gesetz dem Erben: Er war im Irrtum über den Bestand des Nachlasses, als er die Ausschlagungsfrist verstreichen ließ. Von der Darlehensschuld wusste er nichts. Der Erbe ist dann berechtigt, die Versäumung der Ausschlagungsfrist anzufechten und noch im nachhinein die Erbausschlagung zu erklären.