Testament

Nur etwa 29 % der Deutschen errichten ein Testament. Noch schlimmer ist, dass die meisten dieser letztwilligen Verfügungen unklar, widersprüchlich, unvernünftig oder sogar unwirksam sind. Der Grund: Die Materie wird unterschätzt und auf qualifizierte Beratung verzichtet.
Wer der Auffassung ist: „Was nach meinem Tod passiert, ist mir egal“, handelt konsequent, wenn er kein Testament errichtet. Er übersieht aber, dass eine solche Sorglosigkeit der eigenen Familie Schaden zufügt. Wer keine durchdachte letztwillige Verfügung errichtet, verschafft seinen Hinterbliebenen Streitpotential, Vermögensverlust, vermeidbare Erbschaftsteuerlasten und häufig auch Ungerechtigkeit - ein Unglück also.

Jedes Testament hat seine eigene Architektur. Es ist natürlich ein Unterschied, ob das Testament für eine „Patchwork-Familie“ erstellt wird oder ein Unternehmertestament zu errichten ist.

Bei der Gestaltung kommt es auf sehr persönliche Dinge an, z. B.  auf das Alter, den Beruf oder den Gesundheitszustand der Beteiligten, auf die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, die Beziehungen innerhalb der Geschwisterreihe oder auch das Verhältnis zum Schwiegerkind. Weiter sind Art, Umfang und Struktur des Vermögens von Bedeutung. In den meisten Fällen sind Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen oder Überlegungen zur Erbschaftsteuer anzustellen.

Das Arsenal der erbrechtlichen Gestaltungsmittel ist nahezu unerschöpflich. Es gibt für jeden eine optimale Lösung.

1. Das gemeinschaftliche Testament kann nur von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern (§ 10 IV LPartG) errichtet werden. Es reicht, wenn einer der beiden das Testament eigenhändig schreibt und beide die Erklärung mit eigener Hand unterschreiben.

2. Die Ehegatten sollten das Schriftstück mit Ort und Datum versehen.

3. Das Ehegattentestament kann auch vor einem Notar errichtet werden.

4. Die Bindungswirkung des Ehegattentestamentes tritt erst mit dem Tod des ersten Ehegatten ein. Sie gilt nur für die im gemeinschaftlichen Testament getroffenen wechselbezüglichen Verfügungen. Das sind solche, die der eine Partner nur deshalb getroffen hat, weil auch der andere in bestimmter Weise verfügt hat (§ 2270 I BGB). Wortlaut bzw. Auslegung des Testamentes müssen ergeben, dass die Verfügungen des einen Partners von denen des anderen abhängig sind.

5. Häufigster Anwendungsfall für wechselbezügliche Verfügungen ist das Berliner Testament, in dem sich die Eltern gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben nach dem Längerlebenden einsetzen (§ 2269 BGB). Das gemeinschaftliche Testament kann aber auch Anordnungen enthalten, die für die Überlebenden nicht bindend sind.

6. Zu Lebzeiten entfaltet das Ehegattentestament noch keine Bindung. An die Änderung oder den Widerruf bestehen aber strenge Anforderungen. Ein Widerruf ist möglich durch
•  gemeinschaftliches Widerrufstestament (§ 2254 BGB)
•  Erbvertrag (§§ 2258, 2289 BGB)
•  Gemeinschaftliche Rücknahme aus amtlicher Verwahrung (§§ 2256, 2272 BGB) oder
•  Gemeinschaftliche Vernichtung der Testamentsurkunde (§ 2255 BGB)

7. Will einer der Ehepartner das Ehegattentestament widerrufen, muss der Widerruf in notariell beurkundeter Erklärung dem anderen zugestellt werden (§§ 2371, 2296 BGB).

8. Nach dem Tod des Erstversterbenden ist grundsätzlich kein Widerruf mehr möglich.

9. Die Bindungswirkung der wechselbezüglichen Verfügungen entfällt, wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt (§ 2271 II BGB) oder das Testament anficht (§§ 2078 ff. BGB). Für die Anfechtung bedarf es eines Grundes, wie z. B. der Wiederheirat. Daher wir das Anfechtungsrecht im Testament oft ausgeschlossen.

10. Die Bindung des Ehegattentestamentes hindert den Längerlebenden nicht an lebzeitigen Verfügungen. Er kann sein Vermögen verkaufen. Im Fall des Verschenkens gilt § 2287 BGB.